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Funktionen ohne Funktionsgleichung: Fahrzeugströme

   
 
 

Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Nagel-Schreckenberg-Modell

http://www.peter-tondl.de/Publikationen/Dateien/2006_Diss.pdf

 

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Nicht jede Funktion ist durch eine Funktionsgleichung y= f(x) definiert. Es gibt Funktionen, die lediglich durch eine Schritt-für-Schritt-Vorschrift (auf dem Computer ausführbar) definiert sind.

Hier ein Beispiel aus der Simulation von Fahrzeug-Strömen auf Strassen (Quellen s. oben):

Das zu betrachtende Strassenstück wird in Zellen von z.B. 7.5 m Länge (=  Durchschnittslänge eines PKW) eingeteilt. Man erstellt eine Art Trickfilm mit einem Zeitabstand von 1 Sekunde von Bild zu Bild.
In die Zellen werden Autos platziert, die eine bestimmte Geschwindigkeit haben  (v  = 1 Zelllänge pro Sekunde = 7.5 m /s = 27 km/h; als Höchstgeschwindigkeit nehmen wir v = 4 Zelllängen pro Sekunde = 108 km/h an). 
Wir betrachten n Fahrzeuge A1, A2, A3, usw.

     
  Beispiel einer Startposition (Zeitpunkt t):      
       
       
 

Beschreibung:
A1 hat stark abgebremst, um den Sicherheitsabstand einzuhalten, ebenso A2 (etwas weniger stark).
A3 fährt unverändert schnell weiter, obwohl A3 beschleunigen könnte (der Fahrer trödelt).
A4 hat auf ein höheres Tempo beschleunigt.
A5 hat beschleunigt.
Man sieht, dass durch die Regeln die einzelnen Fahrzeuge interagieren.

Wenn wir uns die ganze betrachtete Strasse in solche Zellen eingeteilt denken, wird jeder Zelle zu jedem Zeitpunkt t entweder ein Fahrzeug mit einer Fahrzeugnummer (A1, A2, usw.) und einer bestimmten Geschwindigkeit (eine Zahl zwischen 0 und 4) oder aber eine Lücke zugeordnet. Der Zellinhalt jeder Zelle ist eine Funktion der Zeit t, die in Sekundenschritten abläuft.
Diese Funktion wird nicht mithilfe einer Funktionsgleichung beschrieben, sondern mithilfe eines vierstufigen schrittweisen Berechnungsverfahrens (einer rekursiven Berechnungsregel).

Das beschriebene Modell wird zur Simulation von Verkehrsströmen tatsächlich eingesetzt. Es wird allerdings um weitere Regeln erweitert, welche das Verhalten der Personen in den Fahrzeugen noch treffender simulieren (Wirkung von Bremslichtern, vorausschauendes Fahren, Einsatz von Tempomaten, usw.). Die vier Regeln werden dann durch weitere angereichert oder modifiziert.
Solche Zellenmodelle können das tatsächlich beobachtete Geschehen sehr gut voraussagen – sie sind sogar fähig, das plötzlich Auftreten von Staus „aus dem Nichts“ zu erklären, wenn etwa ein Teilnehmer abrupt abbremst.

Allgemein sind solche Zellautomaten-Funktionen ohne Funktionsgleichung für die Simulation von realen Situationen äusserst nützlich.

 

 

 
 

Hier das Ergebnis einer solchen Simulation:  zweispuriges Autobahnstück mit 15% LKW-Verkehr.
x-Achse: Anzahl Fahrzeuge pro km auf beiden Spuren.
y-Achse: Anzahl Fahrzeuge, die pro Stunde einen Beobachtungspunkt passieren (auf beiden Spuren).
Grau: Unterschiedliche Resultate (Streuungen) bei verschiedenen Simulationen aufgrund des unterschiedlichen „Trödelverhaltens“.
Bei zweispurigen Strassen muss noch das Spurwechsel-Verhalten (abhängig vom Verkehrsaufkommen und von der Kolonnengeschwindigkeit) berücksichtigt werden.

 

 

 
   

Quelle:

http://www.peter-tondl.de/Publikationen/Dateien/2006_Diss.pdf