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Algebra am Beispiel der Würfeldrehgruppe

 

 

 

 

Am Beispiel der Würfeldrehgruppe kann sehr viel Gruppenalgebra veranschaulicht werden; die Gruppe ist nicht trivial und doch gleichzeitig sehr anschaulich.

Zunächst die grundlegenden Definitionen für Gruppe, Ring, Körper und Vektorraum.

 

Gruppe:
Eine Gruppe besteht aus einer Menge G und einer assoziativen Verknüpfung auf G, die ein Neutralelement hat und für die jedes Element von G ein inverses Element besitzt.
Beispiele: Die ganzen Zahlen mit Addition; die reellen Zahlen ≠ 0 mit Addition.

Ring:
Ein Ring R ist eine Menge mit zwei Verknüpfungen + und ⋅, die folgende Axiome erfüllen:

  • Mit der Addition bildet R eine kommutative Gruppe. Das zugehörige Neutralelement wird mit 0 bezeichnet.
  • Die Multiplikation ist assoziativ mit einem Neutralelement 1.
  • Zwischen + und ⋅ gilt das Distributivgesetz.

Körper:
Ein Körper K ist eine Menge mit zwei Verknüpfungen + und ⋅ mit folgenden Axiomen:

  • Mit der Addition bildet K eine kommutative Gruppe mit Neutralelement 0.
  • Die Multiplikation ist assoziativ und kommutativ und macht K\{0} zu einer Gruppe. Das multiplikative Neutralelement wird mit 1 bezeichnet.
  • Es gilt wieder das Distributivgesetz.

Vektorraum:
Ein Vektorraum V über einem Körper K (den "Skalaren") ist eine Menge V ("Vektoren") mit einer Vektoraddition + und einer Skalarmultiplikation ⋅ mit folgenden Axiomen:

  • Mit der Addition bildet V eine kommutative Gruppe.
  • Die Skalarmultiplikation ist assoziativ: (ab)v = a(bv) für alle a, b ∈ K, v ∈ V.
  • 1⋅v = v für alle v ∈ V.
  • Es gelten zwei Distributivgesetze: (a+b)v=av+bv und a(v+w)=av+aw,
    für alle a, b ∈ K, v , w ∈ V .
 
 
 
 
   

Gruppentafel der Würfeldrehgruppe

 

 

Die Würfeldrehgruppe

Die Bilder oben und die Gruppentafel oben rechts zeigen die möglichen Würfeldrehungen.
Wir vereinbaren: Blicken wir in Richtung einer Drehachse, sei die Drehung im Gegenuhrzeigersinn ausgeführt. (Blicken wir von der Pfeilspitze her, findet die Drehung im Uhrzeigersinn statt.) Die Achsen sind raumfest gedacht, d.h. drehen nicht mit dem Würfel mit. Man kann sie sich als raumfest montierte Motoren vorstellen.
Wir finden 5 Kategorien von Drehachsen:

  • Drehungen um 180° um die orangen Hauptachsen: x2, y2, z2.
  • Drehungen um 90° und um 270° um die orangen Hauptachsen: x1, x3, y1, y3, z1, z3.
  • Drehungen um 120° und um240° um die grünen Körperdiagonalen: a1, a2, b1, b2, c1, c2, d1, d2.
  • Drehungen um 180° um die blauen Achsen, welche die Mitten gegenüberliegender Kanten verbinden: k1 bis k6.
  • Neutralelement: keine Drehung, bezeichnet als id ("Identität").

Wir erhalten so total 24 Drehungen, die den Würfel in sich überführen.

Die beschriebene Einteilung in die 5 Klassen ist die Konjugationsklassen-Einteilung. Die 24 Elemente teilen sich also auf in 5 Konjugationsklassen: 24 = 3+6+8+6+1.

Bemerkung: Die Buchstaben id, z2, x2, usw. symbolisieren nicht die Drehachsen, sondern die Drehungen an den entsprechenden Achsen.

 

Die Gruppentafel:

Zwei nacheinander ausgeführte Drehungen können durch eine einzige, resultierende Drehung ersetzt werden. Die Gruppentafel gibt darüber Auskunft.

Wir vereinbaren:

a1⋅x3 bedeute: Zuerst x3, dann a1.
Wir lesen also die Drehreihenfolge von rechts nach links. Das hat seinen Grund darin, dass wir später die Drehoperationen wie Funktionen auf gewisse andere Grössen wirken lassen wollen, und bei Funktionen ist es üblich, die Reihenfolge von rechts nach links zu lesen.
Beispiel: f(g(x)) bedeutet: Wende auf x zuerst g und dann f an. Wir lesen: "f nach g."

Wir lesen also: a1⋅x3 als: "Zuerst x3, dann a1."
Wir suchen dazu in der Gruppentafel die a1-Zeile und kreuzen sie mit der x3-Spalte.
Im Schnittpunkt steht z1. Dies ist die Ersatzdrehung für a1⋅x3.

 
 
 
 
 

Gruppenring und Gruppenalgebra

Wenn wir mit den Gruppenelementen formale Summen bilden und diese gemäss Distributivgesetz und Gruppentafel miteinander multiplizieren, erhalten wir eine Ringstruktur. Die Ringelemente sind die formalen Summen.

Beispiele:
k1 + k2 oder id + k4 - z3 oder (z1 + x1)⋅k2 = z1⋅k2+x1⋅k2 = b2 + y2.

Wir erhalten so den Gruppenring der Würfeldrehgruppe W.

Wir können aber die einzelnen Summanden noch mit Koeffizienten aus einem Körper (z.B. aus ℝ) versehen. Wir erhalten dann Ausdrücke wie etwa 2k1+5z2, usw.

Der Gruppenring wird dann zusätzlich ein Vektorraum mit den 24 Gruppenelementen als Basisvektoren. Die formale Addition sei kommutativ.

Diese Struktur ist nun die Gruppenalgebra von W.

 

 

Drei Arten einen Würfel aufzuhängen:

 

Die Untergruppen von W

Eine Untergruppe ist eine Teilmenge, die ebenfalls Gruppe ist.

Die Würfeldrehgruppe W besitzt folgende Untergruppen:

Zyklische Untergruppen:

  • 3 von Ordnung 2: Drehung um eine zweizählige orange Achse: Z2a.
  • 3 von Ordnung 4: Drehungen um eine vierzählige orange Achse: Z4.
  • 4 von Ordnung 3: Drehungen um eine dreizählige grüne Achse: Z3.
  • 6 von Ordnung 2: Drehung um eine zweizählige blaue Achse: Z2b

Diedergruppen:

  • 3 von Ordnung 8: 1x orange vierzählig, 2x blau zweizählig. Das Dieder ist die Mittelquadratfläche senkrecht zur vierzähligen orangen Achse. Dieses Dieder wird in sich übergeführt. Bezeichnung: D8.
  • 4 von Ordnung 6: 1x grün dreizählig, 3x blau senkrecht dazu. Das Dieder ist ein Schnittsechseck. Bezeichnung: D6.
  • 3 von Ordnung 4 (isomorph zur Kleinschen Vierergruppe): 1x blau, 1x blau senkrecht dazu, 1x orange zweizählig, senkrecht dazu. Dieder = diagonales Schnittrechteck. Bezeichnung: D4.

Normalteiler:

  • 1 von Ordnung 4: Drei zweizählige orange Achsen. Bezeichnung: N4. (Ebenfalls isomorph der Kleinschen Vierergruppe.)
  • 1 von Ordnung 12: drei zweizählige orange Achsen, 4 dreizählige grüne Achsen. Zwei dem Würfel einbeschriebene Tetraeder kommen zur Deckung.

       

Triviale Untergruppen:

  • Die ganze Gruppe W.
  • Die Gruppe {id}, die nur aus dem Neutralelement besteht.
 
 
 
 
 

Verzierte Würfel zeigen Untergruppen


 

Wenn Würfel regelmässig verziert werden, treten Untergruppen hervor.

Oberste Zeile: Z1a, falls die Würfel unten passend gemustert sind.

Zweite Zeile: links D4, rechts D8 (untere Fläche gleich bemustert wie obere Fläche).

Dritte Zeile: links Z4 (die orangen Halbkreise setzen sich auf den nicht sichtbaren Flächen fort), rechts Z3 (nicht sichtbare Flächen weiss).

Unterste Zeile: links N12, rechts N4; die sind Muster von Normalteilern. (Gegenüberliegende Seitenflächen sind gleich bemustert.)


Unten:
Untergruppe D6 (grüne Körperdiagonalen-Achse mit 120°- bzw. 240°-Drehung und 3 blaue Kantenmitten-Achsen; Schnittfigur ein reguläres Sechseck).


Gruppentafel dazu:

id b1 b2 k3 k4 k5
b1 b2 id k5 k3 k4
b2 id b1 k4 k5 k3
k3 k4 k5 id b1 b2
k4 k5 k3 b2 id b1
k5 k3 k4 b1 b2 id
 
 
 
 
 

Nebenklassen, konjugierte Elemente, konjugierte Gruppen

Obiges gelbes Muster bleibt unter D8 erhalten. Das sind die 8 Operationen
id, x2, y2, z2, z1, z3, k5, k6.
Das Muster wird von der z-Achse durchdrungen. Wie sehen die Operationen aus, die das gelbe Muster in die Richtung der x-Achse drehen? Sicher sind das z.B. y1 oder y3.
Wie wir leicht sehen, ist jede Operation der ursprünglichen D8 gefolgt von y1 eine Operation, die das Muster in die x-Richtung bringt, also y1⋅id, y1⋅x2, y1⋅y2, usw.
Wir kürzen die Menge dieser Operationen ab mit y1⋅D8 und bezeichnen sie als Linksnebenklasse von D8. Eine weitere Linksnebenklasse ist x1⋅D8; diese Operationen bringen das Muster in Richtung der y-Achse. D8 selber können wir als id⋅D8 betrachten.

Wir haben somit 3 Nebenklassen mit je 8 Elementen. Die 24 Gruppenelemente sind damit disjunkt in drei Klassen eingeteilt worden.

Die Anzahl der Nebenklassen - anschaulich: die Anzahl der möglichen verschiedenen Lagen des Musters - heisst Index der Untergruppe.

Es gilt für jede Untergruppe H stets:
(Index von H) mal (Ordnung von H) = Ordnung von G.
Es folgt: Die Ordnung einer Untergruppe ist stets Teiler der Ordnung der ganzen Gruppe.
Dieser Satz wurde von Lagrange entdeckt, ohne dass man damals über die Begriffe Gruppe oder Körper verfügte.

 

Das gelbe Muster hätte anfänglich auch in Richtung der x-Achse liegen können.
Dann wären die Operationen, die das Muster in sich übergeführt hätten, andere gewesen, nämlich
id, x2, y2, z2, x1, x3, k1, k2.
Sei diese Gruppe mit D8' bezeichnet.
Wie hängt sie mit D8 zusammen?

Statt die Operationen von D8' auszuführen, können wir z.B. mit y1 das Muster in z-Richtung bringen, dann die Operationen von D8 ausführen und anschliessend das Muster wieder mit y1-1 (der Umkehrdrehung von y1) in die x-Richtung drehen.
Wir sehen:

D8' = y1-1⋅D8⋅y1 (Reihenfolge von rechts nach links).

Ist g ein Gruppenelement, heisst die Operation g-1⋅[  ]⋅g Konjugation mit g.
D8' ist eine zu D8 konjugierte Gruppe.

Entsprechend der dritten möglichen Lage des Musters gibt es noch eine dritte zu D8 konjugierte Gruppe.

Konjugierte Gruppen können durchaus gemeinsame Elemente haben, in unserem Fall sind dies id, x2, y2, z2.

Im Fall unserer Würfeldrehgruppe sind konjugierte Elemente Operationen "gleicher Achsenfarbe" (s. Bild ganz oben) und gleichen Drehwinkels (im Uhr- oder Gegenuhrzeigersinn).
So ist z.B. x1-1⋅z2⋅x1 = x3⋅z2⋅x1 = y2 wie z2 eine zweizählige, orange Achse.

 
 
 
 
 

Normalteiler und Faktorgruppen

Der historische Zugang zum Begriff des Normalteilers hätte über die Galois-Theorie zu erfolgen. Am Beispiel verzierter Würfel kann man das Besondere von Normalteilern ebenfalls gut zeigen.
Wir vergleichen zwei Würfelmuster: N4 und Z4. Links handelt es sich um einen Normalteiler von W, rechts nicht. Die Gegenüberstellung wird den wichtigen Unterschied zeigen.

Stellen wir uns vor, wir könnten die Würfeldrehungen mittels einer Tastatur steuern, d.h. wir hätten 24 Tassten, die einen vor uns schwebenden Würfel steuerten. Die Drehungen erfolgten für uns jeweils unsichtbar, so dass wir lediglich Anfangs- und Endzustand sehen, nicht jedoch die Bewegung selber - ähnlich einem Diabild-Wechsel. Wir sehen also zuerst das Bild vor der Drehung und nach dem Tastendruck das Bild nachher.

Wenn wir nun einen gewöhnlichen, unverzierten Würfel vor uns haben, müssen wir, um zu merken, dass und in welcher Art er gedreht wurde auf ihm Markierungen anbringen.

Wir können z.B. die vier Körperdiagonalen nummerieren (s. Bild oben). Wir können nun die 24 verschiedenen Lagen gut unterscheiden.

Nehmen wir jetzt unsere verzierten Würfel. Auch sie sind durch ihr Muster markiert, jedoch nicht mehr perfekt, d.h. es werden optisch nicht mehr alle 24 Drehungen unterschieden. Unsere Muster zeigen nur noch 6 verschiedene Lagen (Nebenklassen) an. Unsere Tasten permutieren diese 6 Lagen. Die Würfeldrehungen wirken durch Linksmultiplikation auf die Nebenklassen ein und permutieren sie.

Nennen wir die abgebildete Lage der Würfel "Grundstellung". Drücke ich auf meiner Befehlstastatur eine Taste, die zu der vom Muster erzeugten Untergruppe gehört, werde ich auf meiner Würfelbühne keine Veränderung feststellen. Das Muster sieht vorher und nachher gleich aus.

 

Ich wende mich nun dem linken Würfel zu und denke:

Wenn unter den vier Operationen von N4, also beim Betätigen der Tasten id, z2, x2, y2, äusserlich "nichts" passiert, dann identifiziere ich diese vier Befehlstasten und bezeichne sie alle mit ID. Ich kann dies etwa so bewerkstelligen, dass ich eine ID-Taste erstelle, die beim Drücken via Zufallsgenerator eine der vier Tasten id, z2, x2 oder y2 aktiviert. Ich selber weiss nicht, welche Taste aktiviert wurde; ich weiss nur, dass ich ID gedrückt habe.
Wenn ich also jetzt ID drücke, werde ich am Würfel keine Veränderung feststellen können.
Auch von den übrigen Tasten kann ich je vier zu einer grossen, neuen Taste verschmelzen, nämlich immer die vier Tasten, die jeweils zur gleichen Nebenklasse von N4 gehören.

Jetzt habe ich also nur noch 6 grosse Tasten. Sie seien alle mit GROSSBUCHSTABEN bezeichnet (bzw. in der Fachliteratur meist mit Querstrich oben). Ich spiele ein wenig mit den Tasten und bringe den Würfel von der Grundstellung aus in neue Lagen.
Dann teste ich in einer neuen Lage meine ID-Taste: Wirkt sie immer noch als Neutraltaste? Tatsächlich: Im Würfelbild links (N4) funktioniert dies immer, nicht jedoch im Würfelbild rechts (Z4): Hier wirkt die ID-Taste nur in der Grundstellung neutral, nicht aber in einer neuen Lage. Hier bringt also das Verschmelzen von Tasten nichts.

Im Würfel links (N4) jedoch operiere ich jetzt erfolgreich nur noch mit 6 Tasten. Ich operiere in der symmetrischen Gruppe S3, die Ordnung 6 hat.

Was heisst dies formal? Welche besondere Eigenschaft hat N4 gegenüber Z4?

Ich bringe den linken Würfel durch eine Operation g in eine neue Lage. Anschliessend kann ich meine grosse ID-Taste drücken; der Zufallsgenerator wählt dann ein n aus N4 aus - das Aussehen bleibt unverändert! Wende ich dann die Umkehroperation g-1 aus, werde ich wieder eine Stellung bekommen, die sich von der Anfangsstellung "nicht" unterscheidet, genauer: die sich nur um eine Drehung n' aus N4 unterscheidet.

Formal (von rechts nach links gelesen):
g-1⋅n⋅g ∈ N4 oder g-1⋅N4⋅g = N4 für alle g aus W. Das heisst: N4 bleibt stabil unter Konjugation mit jedem g aus W.
Eine derart stabile Untergruppe heisst Normalteiler von W.

Dank der Normalteiler-Eigenschaft gelang es, eine einfachere Gruppe zu bilden (Vereinigen von Tasten zu GROSSEN TASTEN). In dieser einfacheren Gruppe der grossen Tasten werden gewissermassen die inneren Symmetrien des Musters, d.h. die N4-Symmetrien, "wegdividiert". Man bezeichnet diese einfachere Gruppe als Faktorgruppe W/N4. In unserem Fall ist diese Faktorgruppe isomorph der Symmetrischen Gruppe S3 (veranschaulicht z.B. durch die Deckabbildungen eines gleichseitigen Dreiecks; drehen und umklappen).

Normalteiler sind Mittel, um Faktorgruppen zu bilden.

Eigenschaften von Normalteilern N:

  • Normalteiler bleiben stabil unter Konjugation mit jedem g aus W.
  • g⋅N = N⋅g, d.h. die Links- und die Rechtsnebenklassen fallen zusammen.
  • Normalteiler enthalten mit einem Element auch alle seine Konjugierten, d.h. die ganze Konjugationsklasse des Elements.
  • Es gibt ein n' ∈ N mit g⋅n = n'⋅g für alle g aus W und alle n aus n: Normalteiler kommutieren global mit jedem Gruppenelement.
 
 
 
 
 

Das Auflösen der Gleichung 4. Grades

Gegeben eine Gleichung 4. Grades f(X) = X4+a3X3+a2X2+a1X+a0 = 0.
Seien x1, x2, x3, x4 die Nullstellen. Seien die ai ∈ ℚ .
Die Lösungen xi liegen in der Regel in einem Erweiterungskörper von ℚ , dem sog. Zerfällungskörper von f, d.h. in dem Körper, in welchem f erstmals in Linearfaktoren (X-x1)...(X-x4) zerfällt.

Im Zerfällungskörper liegen die Nullstellen gewissermassen isoliert da. In "versteckter Form" sind sie allerdings bereits im Grundkörper vorhanden, allerdings nicht isoliert, sondern gewissermassen in "Molekülform", nämlich in den sogenannten elementarsymmetrischen Funktionen (s. grüner Kasten unten).
Es ist ja wie man durch Ausmultiplizieren von (X-x1)...(X-x4) leicht feststellt


a3 = -(x1+ x2+ x3+ x4)

a2 = x1x2 + x1x3 + x1x4 + x2x3+ x2x4 + x3x4

a1 = -(x1x2x3+ x1x2x4 + x1x3x4 + x2x3x4)

a0 = x1x2x3x4

Man erkennt leicht, dass sich die xi in diesen Termen auf jede mögliche Art permutieren lassen, ohne dass sich der Wert des Terms ändert: Die Terme sind stabil unter S4, sie sind "vollsymmetrisch". Wenn wir also im Zerfällungskörper die Nullstellen permutieren, bleiben die Elemente des Grundkörpers, dem die ai angehören fix.

Der Hauptsatz über symmetrische Funktionen besagt, dass jede symmetrische Funktion sich schreiben lässt als Kombination obiger elementarsymmetrischer Funktionen, im Fall unseres Beispiels also als Kombination der Koeffizienten ai der Funktion f.

Bereits in den Koeffizienten liegen also die Nullstellen - gewissermassen miteinander verschweisst - vor. Im Gegensatz dazu liegen sie im Zerfällungskörper "atomisiert", einzeln vor.

Die grosse Entdeckung Lagranges bestand darin zu erkennen, dass es zwischen diesen "Extremen" noch Zwischenformen gibt, nämlich Terme in den xi , die weder völlig symmetrisch noch gänzlich asymmetrisch bezüglich der Permutationen von S4 sind.

Betrachten wir z.B. den Term x1x2+x3x4. Nennen wir ihn u.
Unterwerfen wir u der Gruppe S4, indem wir die xi permutieren, erkennen wir, dass genau 3 verschiedene Terme entstehen, nämlich

u:= x1x2+x3x4

v:= x1x3+x2x4

w:= x1x4+x2x3.

Diese teilsymmetrischen Terme bilden zusammen mit ℚ einen Zwischenkörper zwischen ℚ und dem Zerfällungskörper von f.
Mit Hilfe solcher teilsymmetrischer Terme vermochte Lagrange die Gleichung 4. Grades zu lösen.

 

Nun der Zusammenhang mit dem Würfel:

Die Würfelgruppe W ist isomorph zur Symmetrischen Gruppe S4 der Permutationen von 4 Objekten; wir können uns nämlich vorstellen, dass beim Drehen die vier mit Nummern versehenen Körperdiagonalen permutiert werden.
Wenn wir im Würfel diese Diagonalen, wie weiter oben erklärt, mit x1 bis x4 nummerieren, so erkennen wir, dass u unter den 8 Würfeloperationen k1, k3, y1, y2, y3, x2, z2 und id stabil bleibt. Geometrisch können wir im Würfel die rot gefärbte Mittelschnittebene zeichnen, die unter ebendiesen Drehungen in sich selber übergeht, oder wir können das rote Band rechts betrachten:

 

Den Ausdrücken v und w entsprechen im Würfelbild die beiden andern möglichen Mittelschnitte oder zwei weitere, je andersfarbige Mittelbänder in den beiden andern Raumrichtungen.


Das rote Band repräsentiert u, das grüne v und das gelbe w.

Die Untergruppe, die gleichzeitig alle drei Mittelschnittebenen unverändert lässt, ist der oben beschriebene Normalteiler N4 = {id, x2, y2, z2} als Durchschnitt der drei Diedergruppen D8, welche je einen der Schnitte in sich überführen.

 

Wie lässt sich nun die allgemeine Gleichung 4. Grades lösen?

Lagrange ging etwa so vor:

u, v und w sind Lösungen einer Gleichung 3. Grades, nämlich von

R(X) = (X-u)(X-v)(X-w) = X3 - (u+v+w)X2 + (uv+uw+vw)X - uvw

= X3+b2X2+b1X+b0.

Die bi sind invariant unter den Permutationen von u, v und w und somit auch invariant unter den Permutationen der xi , wenn u, v und w als Terme in den xi betrachtet werden. Folglich sind die bi symmetrische Funktionen der xi und als solche nach dem Hauptsatz über symmetrische Funktionen darstellbar als Kombinationen der elementarsymmetrischen Funktionen der xi , also darstellbar als Kombinationen der Koeffizienten ai von f(X). Diese Kombinationen müssen wir nun suchen.

Man drückt dazu im ausmultiplizierten Term

R(X) = (X-u)(X-v)(X-w) = (X-(x1x2+x3x4))(X-x1x3+x2x4))(X-x1x4+x2x3))

die Teilsummanden durch die elementarsymmetrischen Funktionen ai aus und erhält nach längerer Rechnung:


R(X) = X3 - a2X2 + (a1a3 - 4a0)X + (4a0a2 - a0a32 - a12) .

R(X) nennt Lagrange eine Resolvente von f.
Kennt man f, so also mittels obiger Formel auch R.
Die Resolvente hat nun nur noch Grad 3, und die Gleichung R(x)=0 kann mittels der Formeln von Cardano nach u, v und w aufgelöst werden.
Kennen wir nun aber die konkreten Werte von

u = x1x2+x3x4
v = x1x3+x2x4
w = x1x4+x2x3,

so können wir wegen a0 = x1x2x3x4 mittels der quadratischen Gleichung

X2 - uX + a0 = 0 die Bausteine x1x2 und x3x4 bestimmen

und haben damit die Nullstellen wieder ein Stück weiter isoliert.

(Wir könnten auch mittels X2 - vX + a0 = 0 die Bausteine x1x3 und x2x4 oder mittels
X2 - wX + a0 = 0 die Bausteine x1x4 und x2x3 bestimmen.)

Ferner ergeben sich wegen x1+ x2+ x3+ x4 = -a3 und
(x1+x2)(x3+x4) = v+w durch Auflösen von
X2 + a3X + v+w = 0 die Bausteine (x1+x2) und (x3+x4).

Aus (x1x2), (x3x4), (x1+x2) und (x3+x4) ergeben sich endlich via
X2 - (x1+x2)X + x1x2= 0 bzw. X2 - (x3+x4)X + x3x4 = 0 die isolierten x1, x2, x3, x4.

Die Gleichung f ist gelöst; wir haben die Lösungen schrittweise "freigelegt".

Alternative:
Aus dem Baustein (x1x2) können wir den Baustein (x1+x2) wie folgt gewinnen:
(x1+x2) = (a1 - a3x1x2) / (2x1x2 - u).

Wer genauer wissen will, wie man auf "so etwas" kommt, lese dieses pdf.

(x1+x2) liegt also im selben Zwischenkörper wie (x1x2); das hängt damit zusammen, dass beide Terme die gleichen Permutationssymmetrien besitzen.
Man verifiziert obige Gleichung, indem man beide Seiten mit dem Nenner multipliziert.
Via X2- (x1+x2)X + x1x2 = 0 erhalten wir dann x1 und x2 einzeln.

Bemerkung
Wir gingen aus vom Grundkörper ℚ. Diesem fügten wir die Elemente u, v und w hinzu. Das ergab einen Erweiterungskörper bestehend aus dem Grundkörper ℚ zuzüglich u, v, w und entsprechenden Kombinationen. Man bezeichnet diesen Körper mit ℚ(u,v,w).
Der Zerfällungskörper der Gleichung 4. Grades f(X)=0 ist der Körper (x1,x2, x3, x4). Der Körper ℚ(u,v,w) liegt zwischen ℚ und ℚ(x1,x2, x3, x4).

Lagrange zeigte nun: Geht man von ℚ aus (Körper mit Charakteristik 0) und bildet den Zerfällungskörper (x1, ... , xn) einer Gleichung n. Grades mit Koeffizienten aus ℚ und lauter verschiedenen Nullstellen, dann gehören Elemente mit gleicher Symmetrie zum gleichen Zwischenkörper, und alle Elemente dieses Zwischenkörpers haben diese Symmetrie. Näheres in diesem pdf.
In unserem Beispiel haben x1x2 und x1+x2 die gleiche Symmetrie; sie bleiben unverändert unter der Vertauschung von x1 und x2. Folglich gehören sie (wie wir auch oben unter "Alternative" gezeigt haben) zum gleichen Zwischenkörper, nämlich dem Körper ℚ(u,v,w, x1x2). Dieser Zwischenkörper enthält z.B. die Elemente
x1x2
, x1+x2, a0/(x1x2)=x3x4, x3+x4, u, v, w, usw.

Auch der Zwischenkörper ℚ(u,v,w) ist nach Lagranges Überlegung charakterisiert durch eine gemeinsame Symmetrie, die somit u, v und w zugleich stabil lässt. Das sind, wie früher erwähnt, die Elemente von N4 = {id, x2, y2, z2}, also die Elemente eines Normalteilers. Dass wir für unsere Gleichung 4.Grades also eine kubische Resolvente fanden (also eine Resolvente mit Grad kleiner als 4), verdanken wir der Existenz des Zwischenkörpers ℚ(u,v,w), dessen Elemente nach Lagrange durch eine gemeinsame Symmetrie charakterisiert sind, in diesem Fall durch die Symmetrie des Normalteilers N4. Resolventen erfordern somit die Existenz eines Normalteilers.

 
 
 
 
 
Körper (u,v,w) (u,v,w, x1x2)
ℚ(x1,x2, x3, x4)

zum Körper gehörige Symmetriegruppe S4 N4 Z2 =
{id,(1 2)(3 4)}
id
Beispiele für Körperelemente

Brüche,
a0 =
x1x2x3x4,
a1, a2, a3

 

u:= x1x2+x3x4
v:= x1x3+x2x4
w:= x1x4+x2x3

  x1x2, x1+x2,
x3x4, x3+x4,
u, v, w

  x1, x2, x3, x4

Bemerkung: Gibt es für eine Gruppe G eine Normalteilerkette
G ... {id}, so heisst diese Gruppe auflösbar.
S4 ist auflösbar.

 

Tabelle links:

Darstellung der Körpererweiterungen beim Lösen der allgemeinen Gleichung 4. Grades und Symmetriegruppen der einzelnen Körper. Je umfangreicher der Körper, desto kleiner die zugehörige Symmetriegruppe, d.h. der aufsteigenden Körperfolge entspricht die absteigende Normalteilerfolge der Symmetriegruppen.

S4 ist die symmetrische Gruppe der Permutationen von 4 Objekten; die Würfeldrehgruppe ist isomorph zu S4 (Permutation der 4 Körperdiagonalen).

S4N4 bedeutet: S4 enthält N4 als Normalteiler.

Die in der Tabelle aufgeführte Z2 ist {id, y2};
y2 vertauscht gleichzeitig x1 und x2, sowie x3 und x4.

 

 
 
 
 
 

Operieren einer Gruppe G auf einer Menge X

Wir erläutern dies am besten durch Beispiele.

1. Sei G die Gruppe der geometrischen Verschiebungen (Translationen) in der Ebene. Sei X die Menge der Dreiecke. Jede Verschiebung g verschiebt ein gegebenes Dreieck x.

Die sogenannte Bahn von x (hier: Bahn eines bestimmten Dreiecks x) gewinnt man, indem man alle möglichen g ∈ G auf x wirken lässt. Man notiert diese Bahn auch als G⋅x.

Die Bahn eines Dreiecks x unter den Translationen G besteht aus allen zu diesem Dreieck kongruenten (deckungsgleichen) Dreiecken.

Der Stabilisator von x besteht aus allen Elementen von g, die x fix lassen. In unserem Beispiel besteht der Stabilisator eines bestimmten Dreiecks x nur aus der identischen Translation, also der Verschiebung, die "nichts tut".

 

2. Sei G = W die Würfeldrehgruppe. Sei X die Menge der Nebenklassen einer Untergruppe, z.B. die Menge der Nebenklassen der Untergruppe D8:

Die D8 hat 3 Nebenklassen (3 Lagen des Musters). Die Würfeldrehgruppe operiert auf der Menge dieser 3 Lagen und führt eine bestimmte Lage in eine neue (oder auch gleiche) Lage über.

Die Bahn einer bestimmten Lage unter W sind alle 3 möglichen Lagen.
Der Stabilisator einer bestimmten Lage ist je nach Lage die Untergruppe D8 oder eine ihrer konjugierten Gruppen .

 

3. Sei G = W die Würfeldrehgruppe. Sei X die Menge der Körperdiagonalen.

W operiert auf diesen 4 Diagonalen, indem es diese permutiert.

Der Stabilisator einer bestimmten Körperdiagonalen ist die Untergruppe, die diese Diagonale fix lässt, also eine D6.


4. G = W = Würfeldrehgruppe. X = Menge der drei orangen Hauptachsen des Würfels.

Der Stabilisator einer bestimmten Hauptachse ist eine D8.

 

5. Sei G die von z1 erzeugte zyklische Gruppe, d.h. G = {z1, z2, z3, id}. G operiere auf der Menge der 4 Körperdiagonalen {1, 2, 3, 4} des Würfels.
Unter G werden diese permutiert.

Wie sieht die Bahn einer bestimmten Diagonalen, z.B. von Diagonale 1 unter G aus?
Unter z1 geht 1 auf 4, unter z2 auf 3, unter z3 auf 2 und unter id auf 1.
Die Bahn ist also {4, 3, 2, 1}. Um das Durchlaufen der Bahn noch einzubringen, notiert man diese Abfolge als (4 3 2 1) oder gleichwertig als (1 4 3 2) und meint: 1 geht auf 4, 4 geht auf 3, 3 geht auf 2, 2 geht auf 1. Diese Darstellung wird als Zykeldarstellung der Permutation bezeichnet.

Beispiele für Zykeldarstellungen:
(1 2)(3 4) meint: 1 geht auf 2, 2 auf 1, 3 geht auf 4, 4 auf 3.
(1 2 3)(4) oder (1 2 3) meint: 1 geht auf 2, 2 auf 3, 3 auf 1, 4 bleibt fix.

Auf diese Art kann nun jede Würfeldrehung auch in Zykelschreibweise notiert werden.

 
 
 
 
 

Zykeldarstellungen der Würfeldrehungen

 


Dies sei die Nummerierung der Körperdiagonalen (Zahlen 1 bis 4). Diese Zahlen werden unter den Würfeldrehungen permutiert.



Die Tabelle ordnet jeder Würfeldrehung die entsprechende Zykeldarstellung zu.

 
Drehung Zykel Drehung Zykel Drehung Zykel Drehung Zykel
id (1)(2)(3)(4) b1 (1 3 4) z1 (1 4 3 2) k1 (1 2)
z2 (1 3)(2 4) b2 (1 4 3) z3 (1 2 3 4) k2 (2 3)
x2 (1 4)(2 3) c1 (1 2 4) x1 (1 2 4 3) k3 (3 4)
y2 (1 2)(3 4) c2 (1 4 2) x3 (1 3 4 2) k4 (1 4)
a1 (2 3 4) d1 (1 2 3) y1 (1 4 2 3) k5 (1 3)
a2 (2 4 3) d2 (1 3 2) y3 (1 3 2 4) k6 (2 4)

Man erkennt, dass die Zykelstruktur innerhalb jeder Konjugationsklasse gleich ist. Dies hat folgenden Grund: Wenn ich innerhalb eines Zykels die Zahlen i einer Permutation aussetze, wirkt dies als Konjugation mit dieser Permutation und jede Konjugation kann so erzeugt werden.

Wir haben 5 verschiedene Zykelstrukturen, und somit hat W 5 Konjugationsklassen.
Dies entspricht der Anzahl Partitionen der Zahl 4:
4 = 1+1+1+1: (a)(b)(c)(d)
4 = 2+2: (a b)(c d)
4 = 4: (a b c d)
4 = 1+3: (a)(b c d)
4 = 1+1+2: (a)(b)(c d)

4 ist die Anzahl der permutierten Objekte, hier der 4 Körperdiagonalen. W ist isomorph zu S4, der Permutationsgruppe von 4 Objekten.

 
 
 
 
 

Permutationen von Linksnebenklassen; Matrizendarstellung einer Gruppe

Hier nochmals die Untergruppe D8.
Es ist
D8 = {id, x2, y2, z2, z1, z3, k5, k6}
x1D8 = {x1, x3, a2, b1, c2, d1, k2, k4}
y1D8 = {y1, y3, a1, b2, c1, d2, k1, k3}

Wir bilden mit den Elementen einer Nebenklasse formale Summen:
u:= id+x2+y2+z2+z1+z3+k5+k6
v:= x1+x3+a2+b1+c2+d1+k2+k4 = x1⋅u
w:= y1+y3+a1+b2+c1+d2+k1+k3 = y1⋅u

Nun lassen wir die Gruppenelemente g von links auf u, v und w wirken. Wir finden, dass keine neuen Elemente entstehen, sondern u, v und w einfach permutiert werden. Dabei kommen alle 6 möglichen Permutationen der S3 (Symmetrische Gruppe der Permutationen von 3 Objekten) zum Zug. Jedem Gruppenelement g entspricht also eine Permutation und damit, wenn wir u, v und w in dieser Reihenfolge als Basis eines Vektorraums ansehen, eine Permutationsmatrix (siehe Tabelle rechts).

Die erste Spalte der Permutationsmatrix enthält das Bild unter f von u, die zweite dasjenige von v und die dritte dasjenige von w.

Wir nennen die operationsverträgliche (homomorphe) Zuordnung f, die jedem g ∈ W eine Matrix zuordnet, eine Matrizendarstellung von W.

Allgemein:
Eine Darstellung der Gruppe W ist ein Gruppenhomomorphismus, der jedem g ∈ W einen Vektorraum-Automorphismus (d.h. bei Wahl einer Basis im Vektorraum eine invertierbare Matrix) zuordnet. Der Vektorraum V besteht in unserem Fall aus den Vektoren u, v und w und einem Koeffizientenkörper (z.B. ℝ oder ℂ).

 

Die operationsverträgliche (homomorphe) Zuordnung f sieht so aus:

Element von W

Permutation von u, v, w
in Zykelschreibweise

Permutationsmatrix
in der Basis (u,v,w)
id, x2, y2, z2 id
1 0 0
0 1 0
0 0 1
z1, z3, k5, k6 (v w)
1 0 0
0 0 1
0 1 0
x1, x3, k2, k4 (u v)
0 1 0
1 0 0
0 0 1
y1, y3, k1, k3 (u w)
0 0 1
0 1 0
1 0 0
a1, b2, c1, d2 (u v w)
0 1 0
0 0 1
1 0 0
a2, b1, c2, d1 (u w v)
0 0 1
1 0 0
0 1 0

Der Kern von f ist die Menge der Gruppenelemente, die unter f auf id gehen, also
{id, x2, y2, z2}; das ist der Normalteiler N4. (Jeder Kern eines Homomorphismus ist ein Normalteiler, und umgekehrt ist auch jeder Normalteiler Kern eines Homomorphismus.)

 
 
 
 
 

Abspalten der identischen Darstellung durch Basiswechsel

Wir können obige Darstellung in Blockform bringen, indem wir von der Basis (u,v,w) in die neue Basis (u+v+w, u-v, u-w) wechseln.

u+v+w bleibt bei Linksmultiplikation mit allen g aus W unverändert.

Dass die neue Basis wirklich eine Basis desselben Vektorraums V ist, zeigt sich rasch:

  • u+v+w, u-v und u-w sind linear unabhängig.
  • u+v+w, u-v und u-w erzeugen denselben Vektorraum wie u, v und w:

Begründung für Letzteres:

u = (u+v+w)/3 + (u-v)/3 + (u-w)/3
v = (u+v+w)/3 - 2(u-v)/3 + (u-w)/3
w = (u+v+w)/3 + (u-v)/3 - 2(u-w)/3.


Falls der Koeffizientenkörper kein Restklassenkörper mit 3=0 ist, existieren somit die Nenner 3 und der Basiswechsel ist möglich.

 

Es entstehen in der neuen Basis aus den alten folgende neue Matrizen:

Man sieht: Die neuen Matrizen haben Blockform; der rote Block oben lässt sich abspalten. Die gelben Blöcke bilden nun wieder eine Gruppendarstellung, nämlich als Wirkung der Linksmultiplikation von g ∈ W auf (u-v) und (u-w). Wir erhalten eine 2x2-Darstellung:

Diese Darstellung lässt sich nicht weiter in Blöcke aufspalten; sie ist irreduzibel.
Man sieht übrigens, dass die Elemente (u-v) und (u-w) nicht mehr nur einfach permutiert, sondern auch teilweise im Vorzeichen abgeändert werden.

Durch den Basiswechsel haben wir den ursprünglichen Vektorraum V in die Summe zweier Unterräume aufgespalten: V = V1 + V2.
V1 ist ein eindimensionaler Vektorraum mit Basis (u+v+w), V2 ein zweidimensionaler mit Basis ((u-v), (u-w)). V1 und V2 haben lediglich den Nullvektor gemeinsam. Jeder Vektor aus V hat eine eindeutige Zerlegung in zwei Komponenten, die in V1 bzw. in V2 liegen. Eine solche Zerlegung V1 ⊕ V2 wird direkte Summe genannt.
Die Gruppenelemente g wirken getrennt auf V1 bzw. V2, weshalb man V1 und V2 G-invariante Unterräume nennt. Die Existenz solcher Unterräume ist wesentlich für die Blockzerlegung einer Darstellung
.

Hinweis: Man addiere einmal die 6 gelben Matrizen. Was stellt man fest?
Antwort: Die Summenmatrix ist die Nullmatrix. Dies gilt (mit Ausnahme der trivialen Darstellung) für alle irreduziblen Darstellungen (hier ohne Beweis).

 
 
 
 
 

Genauere Betrachtung des Basiswechsels

 

Man beachte, dass die Reihenfolge der Matrixoperationen von rechts nach links gelesen wird.

 
 
 
 
 

5 Typen irreduzibler Darstellungen der Würfeldrehgruppe

 

Man findet 5 Isomorphie-Typen irreduzibler Darstellungen der Würfeldrehgruppe.



Typ 1 ist die triviale Darstellung, die einfach jedem Gruppenelement g ∈ W die Matrix [1] zuordnet. Sie entsteht durch Linksmultiplikation von g mit der Summe aller Gruppenelemente.

 

Typ 2: Dem Würfel lassen sich 2 Tetraeder einschreiben. Färben wir das eine weiss und das andere schwarz. Drehungen, die Weiss auf Weiss und Schwarz auf Schwarz werfen, erhalten die Darstellungsmatrix [1], diejenigen, welche die Farben tauschen die Matrix [-1].
Eine andere Veranschaulichung dieses Typs liefert dieses Muster:

Die Würfeldrehungen erhalten das Muster oder drehen es in eine zweite Lage, d.h. ändern die Orientierung der Balken.

 
 
 
 
 

Noch eine Veranschaulichung des Typs 2:

Oben gewannen wir eine Darstellung durch geometrische Anschauung (Streifenmuster, zwei einbeschriebene Tetraeder). Wir können aber auch eine rein algebraische Veranschaulichung derselben Darstellung vom Typ 2 geben:

Sei a:= id+a1+a2+b1+b2+c1+c2+d1+d2+x2+y2+z2.
Sei b:= k1+k2+k3+k4+k5+k6+x1+x3+y1+y3+z1+z3.

Lassen wir ein Gruppenelement der Würfeldrehgruppe von links auf a und b operieren, bleiben a und b entweder erhalten oder sie werden vertauscht.
Die Summanden von a bilden die Alternierende Gruppe A4 der Ordnung 12.

Wir lassen nun die Gruppenelemente g von links auf der Basis
(a-b)= ((id+a1+a2+b1+b2+c1+c2+d1+d2+x2+y2+z2) -
( k1+k2+k3+k4+k5+k6+x1+x3+y1+y3+z1+z3))
operieren.

(a-b) wird entweder erhalten oder wird -(a-b). Es entstehen wiederum die Darstellungsmatrizen [1] oder [-1].

 

id, a1, a2, b1, b2, c1, c2, d1, d2, x2, y2, z2 wird [1] zugeordnet.

k1, k2, k3, k4, k5, k6, x1, x3, y1, y3, z1, z3 wird [-1] zugeordnet.

Das Basiselement (a - b) kann man auch so erzeugen:

Nimm zu jedem Gruppenelement die zugehörige (eindimensionale) Darstellungsmatrix [1] bzw. [-1] und multipliziere das Gruppenelement hinein:
[id], [a1], ..., [-k1], [-k2], ...
Addiere die 24 so entstehenden Matrizen.
Es entsteht die eindimensionale Matrix [a-b], deren Eintrag wir als Basiselement verwenden können.

Dieses Vorgehen werden wir später auf Darstellungen höherer Dimension anwenden.

 
 
 
 
 

Typ 3

ist die oben erwähnte Darstellung (s. gelbe Matrizen oben).

Hier ist sie nochmals aufgeführt.

Die Darstellung entsteht durch die Einwirkung der Gruppenelemente g auf die Basisvektoren

(u-v) = (id+x2+y2+z2+z1+z3+k5+k6)-(x1+x3+a2+b1+c2+d1+k2+k4)
und
(u-w) = (id+x2+y2+z2+z1+z3+k5+k6)-(y1+y3+a1+b2+c1+d2+k1+k3).

Beispiel:
Unter z1 werden v und w vertauscht, d.h. (u-v) geht auf (u-w) und (u-w) geht auf (u-v).
Unter x1 werden u und v vertauscht, d.h. (u-v) geht auf (v-u)=-(u-v) und (u-w) geht auf
(v-w) = -(u-v)+(u-w).

   
 
 
 
 

Eine andere Darstellung vom Isomorphietyp 3:

 

Durch die Wahl einer andern Basis entsteht eine isomorphe Darstellung.

Die Matrizen der neuen Darstellung mittels unten stehender Basis sind die invers-transponierten Matrizen der alten Darstellung oben. Sie entstehen, indem die Gruppenelemente von links auf den neuen Basistermen B1 und B2 operieren und diese verändern.

B1:= id+z2+x2+y2-x1-x3-k2-k4+y1+y3+k1+k3-a2-b1-c2-d1

B2:= z1+z3+k5+k6-y1-y3-a1-b2-c1-d2+a2+b1+c2+d1



Es ist (B1)/12 quadriert wieder (B1)/12; (B1)/12 nennt man deshalb idempotent.

Es ist B2 quadriert gleich 0; B2 nennt man deshalb nilpotent.

Eine Begründung hierfür liefert die nachstehende Zwischenbemerkung.

 

 

   
 
 
 
 

Darstellung der Gruppenalgebra

 

Sei G die Würfeldrehgruppe, K ein algebraisch abgeschlossener Körper mit Charakteristik 0, z.B. der Körper der komplexen Zahlen.

Eine Darstellung der Gruppe G ordnet jedem h ∈ G einen Automorphismus eines endlichdimensionalen Vektorraums V zu, d.h. bei der Wahl einer Basis in V eine invertierbare Matrix H.
Diese Zuordnung respektiert die Gruppenoperationen, d.h. dem Produkt zweier Gruppenelemente entspricht das Produkt der Matrizen.

Beispiele: Die Darstellungen oben, z.B. die obige Darstellung vom Typ 3.

Nun können wir dies noch ausbauen:
Wir betrachten formale kommutative Summen r von Gruppenelementen und erhalten dadurch einen Gruppenring. Dem Ringelement a + b entspricht dann die Summenmatrix A + B, usw.

Wir können noch weiter gehen:
Wir bilden mit den Koeffizienten des Körpers K Linearkombinationen von Gruppenelementen. Ihnen ordnen wir die entsprechende Linearkombination der einzelnen Darstellungsmatrizen zu.
Wir sprechen dann von einer Darstellung der Gruppenalgebra R.

 

Beispiel:

Nehmen wir obige Basis (B1, B2) und die entsprechende Darstellung der Elemente von G mittels obiger 2x2-Matrizen.

Welche Matrizen entsprechen in dieser Basis welchen Elementen der Gruppenalgebra?

 

Damit können wir z.B. zeigen, dass
B1⋅B1 = 12⋅B1; B1⋅B2 = 0; B2⋅B1 = 12⋅B2; B2⋅B2 = 0.

Die Darstellungsmatrizen von B1 und B2 zeigen sofort, dass speziell denjenigen Elementen r, welche eine Linearkombination von B1 und B2 sind, in der Basis (B1, B2) Matrizen mit zweiter Spalte gleich null entsprechen.

Die Darstellungsmatrizen von (u-v) und von (u-w) in der Basis (B1, B2) haben in der zweiten Spalte keine Nullen, deshalb sind (u-v) und (u-w) keine Linearkombinationen von B1 und B2.
Die Vektorräume ((u-v),(u-w)) und (B1,B2) sind somit verschieden, liefern jedoch isomorphe Darstellungen. (Was isomorphe Darstellungen sind, wird weiter unten erläutert.)

Schema unten: Es zeigt beiden Vektorräume V1 und V2 und die Isomorphie F, die jedem Vektor aus V1 einen Vektor aus V2 ein-eindeutig zuordnet. Sei a ein Gruppenelement, sei A die zugehörige Matrix in V1 und A' diejenige in V2. Damit die Darstellungen gleichwertig sind, muss gelten: A' F = F A für alle Gruppenelemente a.

 
 
 
 
 

Typ 4:


Das ist eine Darstellung mit 3x3-Matrizen. Sie kommt wie folgt zustande:


Stellen wir uns beim Würfel die gerichteten Hauptachsen vor (x-, y-, z-Achse).
Denken wir uns Einheitsvekoren in diese Richtungen gezeichnet.
Diese gehen ineinander über und zwar gleichsinnig oder entgegengesetzt, wenn der Würfel gedreht wird.


Beispiel:
Unter z1 geht der x-Einheitsvektor auf den Minus-y-Einheitsvektor, der y-Vektor auf den x-Vektor und der z-Vektor bleibt unverändert.

Das ergibt eine Permutationsmatrix mit Richtungssinn.

Die Darstellung ist in der rechten Spalte aufgeführt.

Jedem Gruppenelement ist eine eigene Matrix zugeordnet.
Eine solche Darstellung nennt man treu.

 

   
 
 
 
 

Eine andere, isomorphe Darstellung vom Typ 4:


Wir können zur obigen Darstellung vom Typ 4 eine zwar nicht gleiche, aber zu ihr isomorphe Darstellung finden, die auf der Operation der Gruppenelemente auf gewissen Ausdrücken des Gruppenringes beruht.

Wir finden diese Ausdrücke wie folgt:

Wir betrachten obige Darstellung und zwar zunächst nur den Matrixeintrag (1;1) oben links.
Er ist 0, -1 oder 1. Diese Zahl multiplizieren wir mit dem zugehörigen Gruppenelement und bilden die Summe all dieser Werte über die ganze Gruppe.

Das sieht in obigem Fall so aus:

A:= id-z2+x1+x2+x3-y2-k2-k4. Dies ist unser erstes Basiselement.

Wiederholen wir nun dasselbe Prozedere mit den Matrixeinträgen (1;2) und (1;3), erhalten wir zwei weitere, linear unabhängige Basiselemente.
In unserem Beispiel:

B:= -z1+z3-k5+k6-a1+b2-c1+d2 = z3⋅A und

C:= y1-y3+k1-k3+a2+b1-c2-d1 = y1⋅A.

Nun lassen wir die Gruppenelemente der Würfeldrehguppe von links auf diesen drei Basiselementen operieren. A, B und C werden so verändert.

Beispiel: Operation von links mit z1:

Unter z1 geht A auf -B, B auf A und C auf C. Die entsprechende Darstellungsmatrix sieht so aus:

Wir erhalten eine zwar von der obigen Darstellung verschiedene, aber zu ihr isomorphe Darstellung.
Die Matrizen der beiden Darstellungen sind zueinander invers-transponiert. (Begründung siehe Spalte rechts.)

Dieses Vorgehen funktioniert immer, wenn uns bereits eine Darstellung gegeben ist.


Anstelle der ersten Spalte der Gruppenmatrix als neue Basis können wir auch eine andere Spalte der Gruppenmatrix als Basis wählen.

Ausgehend von einer "alten", gegebenen irreduziblen Darstellung bildeten wir die sogenannte Gruppenmatrix (siehe Spalte rechts). Die Diagonalelemente dieser Gruppenmatrix sind idempotent, die übrigen Elemente nilpotent (s.unten).

 

Das Verfahren mit der "Gruppenmatrix"
(Andreas Speiser, Die Theorie der Gruppen von endlicher Ordnung, Birkhäuser 1980, p.176)

Nehmen wir an, wir hätten eine "alte" Matrizendarstellung der Gruppe G, z.B. die oben beschriebene Darstellung vom Typ 3 mit der "alten" Basis ((u-v),(u-w)). Wir können daraus "neue" Darstellungsmatrizen auf der Grundlage "neuer" Basiselemente finden.

Die Idee, solche Basiselemente zu finden, gewinnen wir aus den eindimensionalen Darstellungen (Typ 1 und 2): Dort setzten wir in jede 1x1-Darstellungsmatrix das zugehörige Gruppenelement ein und addierten alle 24 so entstandenen Matrizen. Im Fall von Typ 2 ergab dies den Term a - b, den wir als Basis benützten.

Verallgemeinern wir diese Idee auf Darstellungen höherer Dimension, z.B. auf diejenige vom Typ 3, 4 oder 5. Wir gehen also wie folgt vor:

1) In jede Darstellungsmatrix H der "alten", gegebenen Darstellung multiplizieren wir das zugehörige Gruppenelement h hinein. Die Matrizen enthalten nun nicht mehr die ursprünglichen Zahlen als Einträge, sondern die mit diesen Zahlen multiplizierten Gruppenelemente.

2) Dann addieren wir alle so entstandenen Matrizen zu einer Summenmatrix M, die von Andreas Speiser "Gruppenmatrix" genannt wird.

3) Betrachten wir z.B. die erste Spalte dieser Gruppenmatrix. Der Eintrag oben links, d.h. an der Stelle (1;1), ist unser erstes neues Basiselement und die übrigen Einträge der ersten Spalte bilden die weiteren Elemente der neuen Basis.

4) Es entstehen "neue" Darstellungsmatrizen, welche die invers-transponierten Matrizen der "alten" Matrizen sind.

Hier eine Begründungsskizze für diese Behauptung:

 
 
 
 
 

Idempotente und nilpotente Elemente des Gruppenrings

Wir wollen einmal das Basiselement A = id - z2 + x1 + x2 + x3 - y2 - k2 - k4 durch die Darstellungsmatrizen in der Basis (A, B, C) darstellen (siehe Spalte rechts).
Wir erkennen: Die Matrizendarstellung von A/8 ist eine Matrix, die nur oben links eine 1 und sonst lauter Null-Einträge besitzt. Ihr Wert ändert sich beim Quadrieren nicht.

Man erkennt also: (A/8)2 = (A/8). Ein Element, das seinem Quadrat gleich ist, wird idempotent genannt.

Führt man das oben beschriebene Verfahren mit der Gruppenmatrix durch, so sind die Terme auf der Diagonale der Gruppenmatrix, wenn man sie noch mit einem geeigneten Nenner versieht (im Fall von Typ 4: Nenner 8), idempotente Elemente des Gruppenringes.
Für die Nicht-Diagonalelemente gilt dies nicht, diese sind vielmehr nilpotent, d.h. ihr Quadrat ergibt 0.


Zudem ergeben die idempotenten Diagonaleinträge der Gruppenmatrix, wenn man sie paarweise miteinander multipliziert stets 0. Man nennt solche Elemente orthogonal (in Anspielung auf senkrecht aufeinanderstehende Vektoren, die Skalarprodukt 0 haben).

Die Gruppenmatrix im Beispiel Typ 4 liefert also (mit Nenner 8 versehen) 3 orthogonale Idempotente. Jede der drei Spalten der Gruppenmatrix kann als Basis (A, B, C), (A', B', C') oder (A'', B'', C'') einer Darstellung vom Typ 4 verwendet werden.

 

Matrizendarstellung von A in der Basis (A, B, C):

Das Basiselement B wird durch eine 3x3-Matrix dargestellt, die nur an der Stelle (2;1) eine 1 uns sonst überall Nullen hat, das Basiselement C durch eine Matrix, die nur an der Stelle (3;1) eine 1 und sonst überall Nullen hat. Diese Elemente sind nilpotent.

Die Idempotenz von A/8= (id-z2+x1+x2+x3-y2-k2-k4)/8 können wir auch so einsehen:
A⋅A = id⋅A - z2⋅A + x1⋅A + x2⋅A + x3⋅A - y2⋅A - k2⋅A - k4⋅A =
A - (-A) + A + A + A - (-A) - (-A) - (-A) = 8A

 
 
 
 
 

Typ 5:

Jede Würfeldrehung induziert eine Permutation der Körperdiagonalen xi. Untersucht man die Wirkung der g ∈ W auf die Basisvektoren (x1 - x2), (x1 - x3), (x1 - x4), so erhält man die gesuchte Darstellung.

 

Eine weitere, isomorphe Darstellung vom Typ 5 könnten wir aus obiger Darstellung wieder über die Konstruktion der Gruppenmatrix (s.oben) gewinnen.
Erstes Basiselement wäre dann id-y2-z3-x1+b1+b2-c1-d1-k1+k3+k4+k5.
Mit Nenner 8 normiert wird dieses Element wieder idempotent. Die erste Spalte der Gruppenmatrix wäre die neue Basis; die neuen Darstellungsmatrizen sind dann die invers-transponierten Matrizen zu den obigen, "alten" Matrizen.

 
 
 
 
 

Noch eine Art, eine Darstellung vom Typ 5 zu gewinnen:

Wir betrachten nochmals die Diedergruppe D6 = {id, b1, b2, k3, k4, k5}:

Wir definieren:
c:= id+b1+b2+k3+k4+k5
d:= x3⋅c = x3+z1+k1+d2+y2+c2
e:= x1⋅c = x1+k6+y3+c1+z2+a2
f:= z3⋅c = z3+y1+k2+d1+a1+x2

 

Nun lassen wir die Gruppenelemente g der Würfeldrehgruppe von links auf die Basis
((c-d), (c-e), (c-f)) wirken.
Es entsteht eine Matrizendarstellung vom Typ 5.

Beispiel:

Wirkung von d1 von links bewirkt folgende Permutationen:
(c f d) (e)

(c - d) wird (f - c) = - (c - f)
(c - e) wird (f - e) = - (c - f) + (c - e)
(c - f) wird (f - d) = - (c - f) + (c - d)
Die Matrix zu d1 lautet somit


Das ist nicht dieselbe Matrix wie oben; es entsteht somit nicht dieselbe Darstellung, sondern lediglich eine zur obigen Darstellung isomorphe Darstellung.
Dies führt nun endlich zur folgenden Frage: Wann sind zwei Darstellungen überhaupt isomorph?

 
 
 
 
 

Wann sind zwei Darstellungen "gleichwertig", d.h. isomorph?

Wir wir sahen, gibt es zu einer Darstellung viele zu ihr isomorphe Darstellungen. Diese will man als "gleichwertig" ansehen. Die interessante Frage ist vielmehr die nach der Anzahl nicht-isomorpher Darstellungen einer Gruppe.
Wann also sind zwei Darstellungen isomorph?

Sei eine Darstellung 1 der Gruppe G im Vektorraum V und eine Darstellung 2 der Gruppe G im Vektorraum V' gegeben. Die Darstellungen sind isomorph, wenn ein Isomorphismus f von V nach V' existiert, der mit der Operation der Elemente g von G verträglich ist:

Das bedeutet: Dem Vektor v ist der Vektor f(v) zugeordnet. Wende ich auf v und gleichzeitig auf f(v) die Operation g an, so sind die neuen Elemente g⋅v und g⋅f(v) einander ebenfalls wieder via f zugeordnet, d.h. g⋅f(v) = f(g⋅v).
Man sagt auch: Das Diagramm oben "kommutiert".

 

Wählen wir in V und V' = f(V) je eine Basis, so werden v und f(v) Spaltenvektoren [v] und [v'].
Der Bijektion f entspricht dann eine invertierbare Matrix A. f(v) wird dann gleich A[v].
Der Operation g auf v entspricht eine von Basis 1 abhängige Darstellungsmatrix X und der Operation g auf A[v] entspricht eine von Basis 2 abhängige Darstellungsmatrix X':

Die G-Verträglichkeit bedeutet dann X'A = AX oder X' = AXA-1.

Bemerkung: Da konjugierte Matrizen die gleiche Spur besitzen (Spur = Summe der Diagonalelemente), sieht man sofort, dass die oben aufgeführten Darstellungen vom Typ 4 und Typ 5 nicht isomorph sind, da die Spuren entsprechender Darstellungsmatrizen nicht immer gleich sind.

Ein wichtiger Spezialfall ist V = V'. A ist dann ein Automorphismus von V, und es ist X' = X. Die G-Verträglichkeit bedeutet dann XA = AX oder A = X-1AX, d.h. A bleibt stabil unter Konjugation mit allen Darstellungsmatrizen X der Elemente von G.

 
 
 
 
 

Vergleich der beiden isomorphen Darstellungen vom Typ 5 oben:

 

 

 

Ein Isomorphismus f zwischen den beiden Vektorräumen V1 mit Basis

((x1 - x2), (x1 - x3), (x1 - x4)) (xi = Körperdiagonalen) und

V2 mit Basis ((c-d), (c-e), (c-f)) (Definition siehe oben)

wird geliefert durch Matrix



Man verifiziert, dass für alle Darstellungsmatrizen X von V1 (Basis 1) und X' von V2

(Basis 2) gilt:

AX = X'A.

   
 
 
 
 

G-invariante Unterräume

Wir betrachten zwei isomorphe (nicht unbedingt irreduzible) Darstellungen der Gruppe G in den Vektorräumen V und V'. Sei f eine G-verträgliche, lineare Abbildung von V auf V'.
Ein Unterraum U von V heisst G-invariant, wenn er unter den Operationen g von G global invariant bleibt, d.h. wenn gilt: Mit u ist auch g⋅u in U. Das bedeutet: Ein G-invarianter Unterraum bleibt unter den Operationen von g abgeschlossen.

Weiter oben unter "Abspalten der identischen Darstellung durch Basiswechsel" haben wir gesehen, dass eine Zerlegung des Vektorraums in eine direkte Summe von G-invarianten Unterräumen wesentlich ist für die Blockbildung bei den Darstellungsmatrizen.

Sei der Unterraum U G-invariant.
Dann gilt in Bezug auf die G-verträgliche lineare Abbildung f:
1) Das Bild von f, Im(f), ist ein G-invarianter Unterraum von V'.
2) Der Kern von f, ker(f), ist ein G-invarianter Unterraum von V.

 

Beweis:

1) Sei u ∈ U => g⋅u ∈ U => sowohl f(u) als auch g⋅f(u) = f(g⋅u) liegen im Bild Im(f) von f.

2) Sei u ∈ ker(f), d.h. f(u) = 0 => f(g⋅u) = g⋅f(u) = g⋅0 = 0, d.h. g⋅u ∈ ker(f).

Ein wichtiger Spezialfall ist V = V'. f ist dann eine G-verträgliche lineare Abbildung von V in sich (ein G-verträglicher Endomorphismus).
Eine Darstellung ist irreduzibel genau dann, wenn V ausser {0} und V selber keinen G-invarianten Unterraum besitzt.

Eine G-verträgliche lineare Abbildung f zwischen zwei irreduziblen Darstellungen ist entweder ein Isomorphismus (ker(f) = {0}, im(f) = V') oder die Nullabbildung (im(f) = {0}). Das ist der erste Teil des unten stehenden Lemmas von Schur.

 
 
 
 
 

Das Lemma von Schur

Generalvoraussetzung: Sei der Koeffizientenkörper ein algebraisch abgeschlossener Körper mit Charakteristik 0 (zum Beispiel der Körper der komplexen Zahlen).

Zur Erinnerung: Eine Darstellung der Gruppe G auf dem endlichdimensionalen Vektorraum V ist ein Homomorphismus ρ, der jedem Gruppenelement g einen invertierbaren Endomorphismus, also einen Automorphismus, von V zuordnet.
Bei Wahl einer Basis von V wird also jedem Gruppenelement g eine invertierbare Matrix, die einen Automorphismus von V darstellt, zugeordnet, so dass die Gruppenoperationen und die Matrixoperationen sich entsprechen.

Seien ρ1 und ρ2 zwei irreduzible Darstellungen einer Gruppe G auf den Vektorräumen V1 bzw. V2. Sei f eine G-verträgliche lineare Abbildung zwischen V1 und V2.

 

Das Lemma von Schur besagt dann:

1) Entweder ist f ein Isomorphismus oder die Nullabbildung.
(Im Beispiel oben ist die Matrix A, welche f ausführt, invertierbar.)

2) Sind V1 = V2 und ρ1 = ρ2, so ist f eine Multiplikation mit einem Skalar.
(Bei Wahl einer Basis in V1 sind die einzigen Matrizen A, die AX = XA für alle Darstellungsmatrizen X erfüllen, die Matrizen der Form Zahl mal Einheitsmatrix.)

 
 
 
 
 

Das Zentrum der Gruppenalgebra R

Wir haben anfänglich die Konjugationsklassen beschrieben. Eine Klasse besteht aus allen zueinander konjugierten Elementen.
Wir erhalten für die Würfeldrehgruppe 5 Konjugationsklassen:

C1: {id}
C2: {x2, y2, z2}
C3: {x1, x3, y1, y3, z1, z3}
C4: {a1, a2, b1, b2, c1, c2, d1, d2}
C5: {k1, k2, k3, k4, k5, k6}

Konjugation mit irgendeinem g der Würfeldrehgruppe führt ein Element einer Konjugationsklasse in ein anderes Element derselben Konjugationsklasse über.

Beispiel: g = a1. Wir konjugieren k1 mit g = a1:
a1-1 k1 a1 = a1-1 z3 = a2 z3 = k4 = Element derselben Konjugationsklasse wie k1.

Nun bilden wir aus jeder Konjugationsklasse die Klassensumme:
s1 = id
s2 = x2+y2+z2
s3 = x1+x3+y1+y3+z1+z3
s4 = a1+a2+b1+b2+c1+c2+d1+d2
s5 = k1+k2+k3+k4+k5+k6

 

 

Satz:
Die Klassensummen bilden eine Basis des Zentrums der Gruppenalgebra R.
Das heisst: Sie liegen im Zentrum der Gruppenalgebra, sind linear unabhängig und erzeugen das Zentrum.

(Das Zentrum besteht aus denjenigen Elementen z der Gruppenalgebra, die mit allen Gruppenelementen g kommutieren, d.h. z g = g z für alle g der Gruppe.
Gleichwertig: g-1 z g = z, d.h. Zentrumselemente sind stabil unter Konjugation mit allen Elementen der Gruppe.)

 
 
 
 
  Ein Satz der Gruppentheorie lautet:
Es gibt genau so viele Isomorphietypen irreduzibler Darstellungen der Gruppe wie es Konjugationsklassen der Gruppe gibt.
  Die Würfeldrehgruppe hat somit bis auf Isomorphie 5 irreduzible Darstellungen. Wir haben 5 solche nicht isomorphe Darstellungen oben aufgeführt (Typen 1 - 5).  
 
     
  Ein Set nicht weiter zerlegbarer, zueinander orthogonaler, idempotenter Elemente: pdf.      
 
 
 
  Die Reduktion der regulären Darstellung der Symmetrischen Gruppe S3   Hier wird obige Theorie noch einmal an einer kleineren Gruppe, der S3, veranschaulicht.  
 

Die Deckabbildungen des gleichseitigen Dreiecks gehorchen der S3:

g1=id, g2=Drehung um 120°, g3=Drehung um 240°, g4, g5, g6=Klappungen.

Hier die reguläre Darstellung (die g wirken auf die andern Gruppenelemente und permutieren sie):


 

Es gibt so viele irreduzible Darstellungen der S3 wie es Partitionen der Zahl 3 gibt:
3=3; 3=2+1; 3=1+1+1. Es gibt somit 3 irreduzible Darstellungen.
Ferner muss gelten: 6 = 1 + x2 + y2 . Einzige Lösung: 6 = 1 + 1 + 22 .

Es gibt also zwei Darstellungen von Dimension 1 und eine von Dimension 2.

1. Identische Darstellung: Jedem g wird die Matrix [1] zugeordnet.

2. g1, g2, g3 (den Drehungen) wird [1], g4, g5, g6 (den Klappungen) wird [-1] zugeordnet. Ist das Dreieck vorn und hinten verschieden gefärbt, wird den Operationen mit Farbwechsel [-1] zugeordnet.

3. Die zweidimensionale Darstellung: Man betrachtet drei Permutationsobjekte a,b,c (das können z.B. die Ecken eines gleichseitigen Dreiecks sein). (a,b,c) ist die Basis eines Vektorraums. Jedem g entspricht dann eine Permutationsmatrix. Von dieser Darstellung spaltet man die identische Darstellung ab. Man betrachtet also die Veränderung der Basiselemente (a-b) und (a-c) unter der Wirkung von g.

Man erhält:

 

Die Gruppenmatrix liefert
m11= id - g2 - g4 +g6
m21= g2 -g3 +g5 - g6:
m12= -g2 +g3 - g4 + g5
m22= id - g3 + g4 - g6

 
 
 
 
 

Das Verfahren mit der "Gruppenmatrix" ergibt (spaltenweise) folgende idempotente Elemente ei und folgende nilpotente Elemente ai:

e1 = (g1 +g2 + g3 + g4 + g5 + g6)/6

e2 = (g1 + g2 + g3 - g4 - g5 - g6)/6

e3 = m11/3 = (g1 - g2 - g4 + g6)/3
a3 = m21/3 = (g2 - g3 + g5 - g6)/3

a4 = m12/3 = (-g2 + g3 - g4 + g5)/3
e4 = m22/3 = (g1 - g3 + g4 - g6)/3


Die reguläre Darstellung wird durch Übergang von der alten Basis (g1,...,g6) zur neuen Basis
(e1, e2, e3, a3, a4, e4) in Blockform gebracht.

Die Matrix, welche die neuen Koordinaten in die alten umrechnet, lautet:

Die Inverse ist:

 

Die reduzierten Matrizen ergeben sich durch Konjugation TAT-1:

Man sieht den sich wiederholenden Block der Darstellung mit Dimension 2 (dunkelgrün, hellgrün).

Die reguläre Darstellung ist in Blöcke zerlegt. Summe der Dimensionen: 1 + 1 + 22 = 6.

Man kann den sich wiederholenden Block der Dimension 2 weglassen und erhält dann eine Darstellung der Gruppenalgebra R der S3 mittels 4x4-Matrizen zur Basis (e1, e2, e3, a3):

:
 
 
 
  Wie sieht in dieser Darstellung z.B. e3 = (g1 - g2 - g4 + g6)/3 aus?  

wie es sein muss.

 
 
 
 
 

Hier die Darstellungsmatrizen von e1, e2, e3, a3, a4, e4.

e1 + e2 + e3 + e4 = id = Ring-Eins.

Die ei sind nicht weiter zerlegbare orthogonale Idempotente; die ai sind nilpotent.

Sei R die Gruppenalgebra der Gruppe G = S3. Der zur regulären Darstellung gehörige Vektorraum wird zerlegt in eine direkte Summe von G-invarianten, irreduziblen Teilräumen:

Die beiden letzten Teilräume (grün) sind isomorph.

   
 
 
 
 

Das Zentrum der Gruppenalgebra R der Gruppe S3



Die Klassensummen bilden eine Basis des Zentrums von R:

(s1=id, s2=g2+g3, s3=g4+g5+g6). Nennen wir diese Basis die "alte Basis".

Die Zentrumselemente e1, e2 und (e3+e4) bilden ebenfalls eine ("neue") Basis von R.

 

Die Transitionsmatrix von neu zu alt lautet:

Sie enthält spaltenweise die alten Koordinaten der neuen Basisvektoren.
Es ist nämlich e1=(1/6)(s1+s2+s3); e2=(1/6)(s1+s2-s3); (e3+e4)=(1/3)(2s1-s2)

Die Inverse ("von alt zu neu") lautet:

Es ist dann s1=e1+e2+(e3+e4); s2=2e1+2e2-(e3+e4); s3=3e1-3e2